Meldungen aus dem Bezirksverband Arnsberg
Meldungen aus dem Bezirksverband Arnsberg

Drehscheibe des Terrors

Gedenk- und Erinnerungsort Nordbahnhof in Bochum eröffnet

Vanessa Schmolke

Bochum. Feierlich wurde die neue Ausstellung mit dem Titel „Drehscheibe des Terrors“ in den historischen Räumlichkeiten des Nordbahnhofs Bochum am 19. Januar 2025 durch die Initiative Nordbahnhof Bochum e. V. eröffnet. Dieser diente während des Zweiten Weltkrieges der Deportation von Bochumer Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma in die Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuropa. Zwangsarbeitskräfte und politische Gefangene kamen dagegen hier in Bochum an. Über den Nordbahnhof Bochum wurden die Opfer der nationalsozialistischen Ideologie einer „Drehscheibe“ gleich nach Bochum hinein und aus Bochum hinaus deportiert.

Mit rund 50 Besucherinnen und Besuchern waren alle Plätze belegt. So richtete der Bürgermeister der Stadt Bochum, Dr. Sascha Dewender, die ersten Grußworte an das Publikum. Er begreift den Gedenkort als einen Ort, an dem demokratische Werte vermittelt und bewahrt werden. Mit Menschen aus 160 verschiedenen Nationen, die in Deutschland leben, wünscht er sich Vielfalt nicht nur als Nebeneinander, sondern als Miteinander. Das Bochumer Wir-Gefühl sei etwas, „dass es zu bewahren gilt“.

Die Kanzlerin der Ruhr-Universität Bochum, Dr. Christina Reinhardt, führte in ihrem Grußwort an, dass sie den neuen Gedenkort in unterschiedliche Studiengänge integrieren möchte. Außerdem übernimmt die Ruhr-Universität die Mietkosten für die ersten fünf Jahre, bevor sich dieser Aufgabe die Stadt Bochum annimmt.

Den Hauptvortrag hielt Dr. Stefan Mühlhofer, Vorsitzender des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Nordrhein-Westfalen. Auch er ging, wie der Bürgermeister vor ihm, auf die Vielfalt in der Bevölkerung ein und sieht darin eine wichtige Aufgabe für die Gedenkstättenarbeit. So müsse es zukünftig Raum geben für eine offene Gesprächskultur. Unabhängig davon, welches Meinungsbild Jugendliche zu einem Besuch in einer Gedenkstätte mitbringen, müssten sie die Möglichkeit bekommen, darüber reden zu dürfen. 

Dies inkludiere auch ein Meinungsbild, das mit der Vermittlung der Gedenkstätte nicht übereinstimmt. Doch nur so könne Diskussion stattfinden, und der Gewinn einer solchen Diskussion sei es am Ende, wenn Jugendliche nach ihrem Besuch zum Nachdenken angeregt würden. Dazu gehöre auch ein entsprechend geschultes Personal. Ebenso seien religiöse Kenntnisse und Wissen über den Nahostkonflikt erforderlich. Fragen wie „Warum wurden Juden und Jüdinnen verfolgt?“ oder Aussagen wie „Die Thora ist eine Fälschung“ müssen fachlich erklärt werden können, um dem zunehmenden Antisemitismus entgegentreten zu können. 

Dazu zähle auch, dass Gedenkstätten ihren Fokus wieder stärker auf das Ende der 1920er Jahre und auf den Anfang der 1930er Jahre richten müssen, um deutlich zu machen, wie schnell und mit welchen Mechanismen es die Nationalsozialisten geschafft haben, ihre Diktatur zu installieren. Nur so könne bei jungen Menschen der Blick auf heutige Parallelen geschärft werden, um schließlich Gefahren für die Demokratie erkennen und abwenden zu können.

Zum Schluss führte Dr. Ingrid Wölk, Vorsitzende der Initiative Nordbahnhof Bochum e. V., in die Ausstellung ein. Dabei erwähnte sie, dass sich der Nordbahnhof seit drei Jahren Gedenkort nennen dürfe und im Jahr 2024 in den Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte aufgenommen worden war. Damit lud sie die Besucherinnen und Besucher ein, sich die Ausstellung anzusehen.

Diese zeigt anhand eines Zeitstrahls die Geschichte des jüdischen Lebens in Bochum. Biografien stellen einige Bochumer Bürgerinnen und Bürger vor, die Opfer der Deportationen wurden. Eine Europakarte verdeutlicht, von wo die Menschen einerseits nach Bochum deportiert wurden und wohin die anderen wiederum gebracht wurden. Medienstationen ergänzen das Erfahrene um Informationen über Geschehnisse in der unmittelbaren Nachbarschaft der Besuchenden, die eigenständig recherchiert werden können. Die Besonderheit der Ausstellung bildet schließlich eine Bodenprojektion, die sämtliche Namen der deportierten Bochumer Bürgerinnen und Bürger abspielt.

Text und Fotos: Vanessa Schmolke